Heiner Mullers Hamletmaschine zeigt die literarische Strategie der jungeren Generation, namlich der `Enkelgeneration` der deutschen Literatur schon vor 20 Jahren vorbildend. Die absichtliche Tabubrechung wirkt in diesem Zeitdrama, das die Verwesung und den Untergang des DDR-Sozialismus durch eine Hamlet-parodie ausdruckt, als ein Erweckungsmittel fur das Publikum. Erschreckende Tabubilder des Werks bleiben außer der sozialen Zensur. Denn die bizarren grotesken Tabubilder sind kein Selbstzweck, sondern nur Gleichnis fur die zeitgenossische Wirklichkeit. Sie drucken eher die Selbstverdammung bzw. Selbstzensur des Autors vor seiner Hilflosigkeit gegen die Ereignisse der Zeit aus. Muller uberschreitet in diesem Drama die Gattungsgrenze absichtlich, um den Inhalt effektvoll zu formulieren. Gesprache und Buhnenanweisungen warden durcheinander gemischt. Gewisse Szenen sehen wie Filmszenen aus. Die Figuren sind multipuliziert und spielen die zerspalteten Ichs simultan. Durch diese Genremischung und Figurenzersetzung stellte Muller das Leiden und die Verzweiflung des Intellektuellen in der perversen Zeit plastisch dar. Der Hauptheld dieses Dramas, der sich als Hamlet, Richard III, Hamletspieler, Hamletdarsteller vorstellt, nennt sich endlich Datenbank und Schreibmaschine, die kein Denken braucht und keine Schmerzen fuhlt. Shakespeares endlos reflektierender Hamlet tritt in Mullers Drama als ein Verzweifelter auf, der eine Maschine sein will, um die Schmerzen zu vermeiden. Amerikanische Minimalist Regie Robert Wilson fuhrte dies schwierige Drama durch multimediale Auffuhrung zum großen Erfolg. Viele Avatars von Hamlet und Ophelia spielten marionettenhaft gleiche Worte immer wiederholend simultan auf der Buhne, damit man ihr maschinenartiges Dasein erkennt.