In der vorliegenden Arbeit geht es darum, die Spezifika des westeuropaischen Blicks auf die Stellung der Macht gegenuber Kunstlern am Beispiel von Goethe und Jacob Burckhardt aufzuzeigen. Die Klassen, die seit der Renaissance als Macht in der Kunstgeschichte fungieren konnten, sind die Fursten der Hofgesellschaft und die Geistlichen, das Bildungsburgertum und die Masse. Burckhardts Ansicht uber die Rolle der Hofgesellschaft als Mazenat in der Renaissance ahnelt in mancher Hinsicht der Goethes, die sich in seinen Werken wie Torquato Tasso und Faust widerspiegelt, wobei sich Goethe als Kunstler eher fur die inneren Stimmungen und Beweggrunde von Kunstlern interessiert, die zur neuzeitlichen Autonomie der Kunst fuhren, wahrend Burckhardt als Geschichtswissenschaftler den sozialen Hintergrund der Kunstunterstutzung durch die Fursten analysiert. Ein großer Unterschied zwischen den beiden entsteht im Hinblick auf die Kultur des eigenen Zeitalters, in dem das Bildungsburgertum und die Masse als eine neue Macht gegenuber den Kunstlern erschienen. Metaphorisch gesagt zeigt sich Goethe in seinen Ansichten uber die sozialen Verhaltnisse um die Kultur in seiner Zeit zwar besorgt aber durchaus heiter, wahrend Burckhardts Darstellungen zur Situation der Kultur eine kulturpessimistische Melancholie zugrunde liegt. Goethes Heiterkeit hangt mit dem Optimismus des aufsteigenden Burgertums im 18. Jahrhundert zusammen. Die Burckhartsche Melancholie dagegen mit der Situation der Intelligenz, die in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts ohnmachtig vor dem Strukturwandel vom kulturrasonierenden zum kulturkonsumierenden Publikum im Sinne von Habermas stand. Burckhardts Abneigung gegen das Massenpublikum außert sich einerseits in seinem kulturkonservativen Renaissancismus, andererseits in seiner kassandrahaften Vorahnung im Hinblick auf die Gefahr der Massenkultur. Goethesche Heiterkeit und Burckhardtsche Melancholie bilden sozusagen zwei Antipoden des Gemuts, zwischen denen sich die Stimmungen der deutsch sprechenden Intellektuellen im 18. und 19. Jahrhundert bewegten.