Im Vorliegenden handelt es sich um die Problematik der Identitat und Alteritat als ein gesellschaftlich-kulturelles Phanomen in dem literarischen Diskurs der Moderne, wobei das Augenmerk auf die Gestaltung und Darstellung der weiblichen Figuren, also der weiblichen Identitat in Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre gerichtet wird. Man betrachtet Wilhelms Bildungsgeschichte meistens im Rahmen der Beobachtung der Identitatssuche eines burgerlichen Protagonisten innerhalb der modernen Gesellschaft. Bei dieser Lekture wird die `einfache` Tatsache nicht ernstgenommen, dass es beim Protagonisten um eine mannliche Figur geht, also nicht um eine weibliche. Das heißt, das Augenmerk wurde auf die soziale Herkunft des Romanhelden gerichtet, nicht aber auf die geschlechtliche, wobei die Identitatsproblematik als die Problematik eines Menschen als eines burgerlichen Gesellschaftsmitgliedes universalisiert wurde. In dieser Arbeit gilt es aufzuzeigen, dass bei der Suche der Identitat des Romanhelden die Geschlechtsidentitat oder die Geschlechterdifferenz eine wichtige Rolle spielt. Es wird aufgezeigt, dass es zwischen beiden Geschlechtern eine ideelle Grenze gezogen wird, wahrend diese Grenzziehung die Konstituierung der Logik des Ausschließens bedeutet. Das Ziel dieser hegemonialen Unterscheidung besteht m. E. in der Darstellung/Konstituierung des mannlichen Helden der Moderne als des Subjekts der Geschichte und der Vernunft.. Das Interesse gilt der anhand der zwei weiblichen Figuren, namlich Mignon und der sogenannten `schonen Seele` dargestellten Weiblichkeit, die als das Andere/Fremde in der fundamentaler Opposition zum Mannlichen steht.