Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Vergangenheitsbewaltigung im Fach Volkskunde im Laufe der Zeit mit verschiedenen Mitteln und Formen versucht. Der erste Schritt bei der Uberwindung der Vergangenheit in der Volkskunde fand von 1945 bis 1960 statt. Die Volkskundler sahen die propagierte Folklore der Nazis als nicht traditionell an und die Geschichte der Wissenschaft im Dritten Reich galt als eine Abweichung vom theoretischen Ansatz. Daher markierte 1945 einen Neuanfang nach dem Krieg. Stellvertretend verteidigte Prof Peuckert die Beibehaltung des Status quo des Faches in den Universitaten und die fruheren Tatigkeit der Volkskunde, die dem Naziregime diente, wurde als individuelle Vergangenheit betrachtet. In den 50er Jahren wurde daher die kritische Bewertung der Volkskunde nicht durchgefuhrt. Der zweite Schritt der Vergangenheitsbewaltigung der Volkskunde entsprach der Zeit zwischen 1965 und 1970. Als Folge der Studentenbewegung in den spaten 60ern forderte die damalige gesellschaftliche Stimmung eine grundliche Aufarbeitung der Vergangenheit. Es wurde begonnen, die Beziehung zwischen der Politik in Nazi-Deutschland und der traditionellen Ideologie des Volkskunde zu untersuchen und man wollte die Relikte der Vergangenheit entfernen. Infolgedessen kam es zu einer Abkehr von der ideologischen Orientierung hin zu einer praktischen Ausrichtung mit sozialen Studien im Fachbereich Ethnologie. Als dritter Schritt kann in den 70ern der große Wandel in den Lehrplanen des Studienganges Volkskunde bezeichnet werden. Auf den Konferenzen der Deutschen Gesellschaft fur Volkskunde in Detmold im Jahr 1969 und Falkenstein im Jahre 1970 wurde heftig uber den Namen und den Inhalt der Disziplin debattiert. Nach der ersten Reform der Universitat Tubingen haben viele Universitaten die Volkskunde in Kulturwissenschaften umgewandelt und dadurch dem Forschungsgegenstand eine neue Identitat gegeben. Heute umfasst die Deutsche Gesellschaft fur Volkskunde in der Bundesrepublik neben Volkskunde als traditionellen Dachbegriff uber 23 Facher und Institute an den Universitaten wie zum Beispiel Europaische Ethnologie, Kulturanthropologie, vergleichende Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft.