Das Hauptthema dieser Abhandlung besteht in der Frage, als was der Begriff des Anfangs im Sinne der positiven Dialektik Hegels, worunter diejenige Logik, deren jeweilige Ergebnisse auf das Erkennen der absoluten Idee hinauslaufen, zu verstehen ist, bestimmt werden soil. Tm Hinblick auf die aligemeine Lesart seiner "Wissenschaft der Logik (WdL)" scheint diese Fragestellung gegebenenfalls schon deshaib merkwurdig zu sein, weil das reine Sein in der Regel als Anfang der WdL aufgefal3t wird. Diese Auffassung findet ihre Berechtigung schon darin, daB es nach der Darstellungsreihe der WdL als erste Kategorie vorkommt. Es ist aber, wie ich meine, nicht ganz unbestreitbar, es ohne weiteres fur den Anfang der WdL uberhaupt zu halten. Der Grund dafur lautet folgendermaΒen: Die ganze WdL gliedert sich hauptsachlich in drei Teile; der erste von denen behandelt die Logik des Seins, der zweite die des Wesens und der dritte die des Begriffs. Und es ist die Logik des Wesens, worin Hegel seine dialektische Methode als solche zum Gegenstand der Betrachtung macht. Mithin bringt er erst darin die eigentliche Erlauterung uber die Methode seiner positiven Dialektik zum Ausdruck. Ohne Zweifel ist es nun, da das reine Sein allen seinslogischen Kategorien zugrundeliegt, wahrend es doch unklar ist, daΒ es auch in der Logik des Wesens Anspruch auf dasselbe Gewicht erheben darf. Denn zwischen der Logik des Seins und der des Wesens verbirgt sich meines Erachtens eine gewisse Wendung der Denkungsart, die man, ausschlieΒlich ausgehend von den dem Begriff des reinen Seins zuzukommenden Funktionen, nur sehr schwer verstehen kann. Daher meine ich, da wir gerade da, wo unserem Verstandnis der Hegelschen positiven Dialektik ganz elementare Hindernisse im Wege liegen, gut daran taten, erst einmal die Annahme zu machen, daΒer in der Logik des Wesens eine bestimmte Revision in bezug auf den Begriff des Anfangs vornimmt. Ergibt sich diese Annahme als konsequent, so muΒ man den Anfang der positiven Dialektik in einem anderen Blickwinkel betrachten als bisher. Der vorhin genannte Gedanken ist in folgender Weise auszufuhren. Das Sein als solches ist schlechthin das Unmittelbare; es ist noch nicht das Wahre. Das Wahre des Seins besteht im Wesen. Um das Wesen, das das Sein an und fur sich ist, zu ermitteln, pflegt man nach Hegel durch die Oberflache der Unmittelbarkeit des Seins hindurchzudringen, mit der Voraussetzung, daΒ das Wahre irgendwo hinter dem Sein oder, anders gesagt, in der Tiefe des Seins liegt. So wird das Wesen gewohnlich als ein Vermitteltes vorgestellt. Das Wesen als ein nur Vermitteltes jedoch ware selbst ein dem Sein AuΒerliches; nicht Anundf rsichsein, das die Unmittelbarkeit in sich enthielte, sondern lediglich das Andere des Seins. Aber Hegel zufolge steht das Wesen mit dem Sein nicht im auΒerlichen Verhaltnis. Das unmittelbare Sein soll daher nicht "als eine Rinde oder ein Vorhang vorgestellt" werden, "hinter weichern das Wesen verborgt ist"; das Wesen ist das Sein selbst; sein Unterschied vom Sein besteht bloΒ darin, daΒes "das durch die Negativitat seiner selbst sich mit sich vermittelnde Sein" ist. So geht es im Wesen um die Einheit der Unmittelbarkeit und der Vermittlung. Diese Einheit kann nur durch die wesenslogische Denkweise, die Hegel absolute Reflexion nennt, zustandegebracht werden. Tm Gegensatz zur aul3erlichen Reflexion, welche sich nur auf die Untersuchung uber den oberfl achlichen Zusammenhang des Seins einlassen kann, geht die absolute Reflexion vorn Anderen des Seins, dem Nichtsein, aus und faΒt das Sein auf als das Resultat der Negation des Anderen, das selbst die Negation an sich ist. Das Denken bewegt sich hier vorn Anderen zum Sein, oder anders gesagt, von der Negation zur Negation dieser Negation. So richtet sich die Bewegung der absoluten Negation auf oder, genauer, in das Sein selbst. Sie kehrt vom Nichtsein zum Sein zuruck. Diese Bewegung charakterisiert Hegel im Scheinskapitel in der Logik des Wesens als "Ruckkehr in sich", weiche ein unerlaΒliches Explikationsmittel fur die Hegelsche positive Dialektik. Aus dem oben Gesagten folgert sich die Konsequenz: Mit den in der Logik des Seins verfugbaren Mitteln kann man die Wahrheit des Seins, die Hegel auch das Wesen nennt, nur in der Weise auffassen, da es ein Vermitteltes ist, ein dem Sein auΒerlicher Begriff und damit keineswegs ein wahrer, vollstandiger Begriff des Wesens. Fur die wahrhafte Auffassung des Wesens ist daher die Erkenntnis wichtig, da der Typ der Bewegung im Wesen als "Ruckkehr in sich" zu bestimmen ist, die nicht aus dem reinen Sein sondern aus dem Nichtsein ausgeht. In dieser Hinsicht sehe ich die Moglichkeit ab, die darauf hinweist, da der Begriff des Nichtseins den wensenslogischen Anfang ausmacht.