Im 20. Jahrhundert ist die grundsatzliche Neuorientierung der Sprachwissenchaft geknupft an den Saussureschen Strukturalismus. Sie wurde philosophisch von E. Husserl, dessen philosophischer Analyse des Zeichenbegriffs und dessen Ausschaltung des Psychologismus, und soziologisch von E. Durkheim vorbereitet. Saussure gilt in der Entwicklung der Sprachwissenschaft einerseits als Uberwinder der junggrammatischen positivistischen Auffassungen, anderseits als bedeutendster Begrunder des Strukturalismus. Obwohl einige seiner Ideen bereits vor ihm entwickelt worden sind, besteht sein wesentliches Verdienst in dem Versuch, die Linguistik in das damals absehbare System der Wissenschaften einzuordnen und das Verhaltnis der Linguistik zu den anderen Wissenschaft zu bestimmen, sowie in seiner Forderung, die wechselseitigen Zusammenhange sprachlicher Erscheinungen, ihren Systemcharakter in den Mittelpunkt zu stellen. Die Bedeutung Saussures wird erst voll sichtbar, wenn wir das Bild von der Lage der Sprachwissenschaft vor Saussure im Auge haben. Die absolute Prioritat der Beschreibung gegenwartiger Sprachzustande gegenuber der Untersuchung sprachlicher Veranderungen gehort zu den wichtigsten Charakteristika der strukturalistischen Sprachwissenschaft. Wie alle wirksamen Stromungen in der Wissenschaft ist auch der Strukturalismus nicht nur begeistert begrusst, sondern sowohl von den Traditionallisten als auch von den Uberwindern streng kritisiert werden. Die Saussureschen Dichtomien und die Probleme, die sie aufwerfen, weisen so viele Beruhrungspunkte mit einigen zentralen Thesen oder Fragestellungen der verschiedenen strukturalistischen Schulen auf, dass sie von