In dieser Arbeit wird versucht, Walter Benjamins Medientheorie in Verbindung mit einem Humanismus zu bringen, der eine kritische Distanz zur anthropozentrisch-individuellen Denkweise des klassischen Humanismus halt und der einem neu eroffneten Raum zwischen Menschen und Technik bzw. zwischen Menschen und Maschinen gerecht wird. Hier wird darauf hingewiesen, dass es bei Benjamins Kunstwerk-Essay nicht nur um die durch technische Reproduzierbarkeit ausgelosten Veranderungen des Kunstbegriffs sondern auch um die Veranderungen des Begriffs des Menschen geht. Der kritische Humanismus Benjamins tritt vor allem in seinem Surrealismus-Essay und Kraus-Essay jeweils unter der Bezeichnung eines ?anthropologischen Materialismus” sowie ?realen Humanismus” deutlich in Erscheinung: Die beiden kritisieren die Grenze des klassischen Humanismus. Hier werden Benjamins technische Medien behandelnde Essays als konkreter Schauplatz fur seinen kritischen Humanismus betrachtet: Erstens ist der Verfall der Aura, die sich oft um Menschen bildet, auch als Befreiung aus dem anthropozentrischen Humanismus zu interpretieren. Zweitens durchdringt der in Benjamins kritischem Humanismus erhobene Anspruch auf die Uberwindung des klassischen Individualismus und auf die kollektive Innervation als Form der Solidaritat konsequenterweise auch den Kunstwerk-Essay, indem in diesem Essay das Kino als offentlicher Ubungsort fur eine neue Wahrnehmungsweise des kollektiven Publikums aufgewertet wird. Dabei ist nicht zuletzt die Chockwirkung des Films als ein entscheidender Zundpunkt der Innervation aufzufassen. Drittens lasst sich Benjamins kritscher Vorbehalt gegen die zu starke Betonung auf dem Schopferischen sowohl im Kraus-Essay als auch in seinen Essays uber technische Medien erkennen. In dieser Hinsicht wird die im Kunstwerk-Essay uns vor Augen gebrachte ,unreife` Gesellschaft, die nach Benjamin nicht in der Lage ist, ?sich die Technik zu ihrem Organ zu machen”, als eine Gesellschaft interpretiert, in der man zu viel Wert auf etwas Schopferisches legt und dies sogar fetischisiert.