Das Interesse der vorliegenden Arbeit gilt vor allem dem Mythos des Genies, der in der dynamischen Welt der verzeitlichten Moderne entsteht. Das Genie lasst sich als Projektion betrachten, die auf das genuine Phanomen des Modernen verweist, in dem nur das (radikal) Neue zahlen sollte. Suskinds Roman Das Parfum gilt nicht nur in Deutschland als Bestseller, sondern auch weltweit, und es stellt sich hier die Frage, worauf sich dieser Erfolg bezieht, und zwar im Hinblick auf die vor allem in der wissenschaftlichen Szenne weit verbreitete Unterstellung, dass sich die Genie-Vorstellung der Moderne spatestens nach 1960 nicht mehr gelten lasst. Suskinds Roman Das Parfum, der im 18. Jahrhundert spielt, reflektiert m. E. die immer noch aktuelle Problematik der noch nicht abgeschlossenen modernen Epoche, die Suskind anhand der Figur des Parfumeurs entfaltet, der gerade als Genie zu betrachten ist, das trotz aller Variationen von der ‘tradierten’ Genie-Vorstellung des 18. Jahrhunderts lebt. Der weltweite Erfolg des Romans lasst sich darauf zuruckfuhren, dass die jetzige Gesellschaft immer noch von der Idee des radikal Neuen beherrscht wird. Das heißt wiederum, Menschen der modernen Gesellschaft stehen immer noch unter dem großten Druck, permanent etwas Neues, radikal Neues zu kreieren, solange er in dem verzeitlichten Raum der Moderne uberleben will. In diesem Rahmen sollte es im Vorliegenden aufgezeigt werden, wie Suskind versucht, die tradierte Genie-Geschichte zu variieren, wobei sich der Genie-Mythos eher verstarkt. Suskinds Roman lasst sich in diesem Sinne als genuin modernen Roman lesen.