Bezuglich der Zeit des gegenwartigen katastrophalen Klimawandels spricht man vom Anthropozan, das sich von der erdzeitlichen Epoche Holozan unterscheidet. Das Anthropozan markiert die Epoche, in der der Mensch der dominante Faktor fur die Umweltveranderung geworden ist. Erdgeschichtlich wurde das Jahr 1800 als Beginn des Anthropozans festgelegt. Es wurde von F. Mauelshagen (2016) festgestellt, dass sich gerade in der zweiten Halfte des 18. Jahrhunderts ein neuer Klimabegriff durchgesetzt hat, der der modernen Klimatologie zugrunde liegt. Die vorliegende Arbeit geht von dem Paradigmenwechsel des Klimabegriffs aus und untersucht, was zu der Zeit im kulturellen Diskurs uber das Klima geschah. Dafur werden besonders die Klimatheorie von J. G. von Herder in 『Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit』und die Naturbetrachtung von J. W. von Goethe in 『Italienische Reise』als Untersuchungsgegenstand berucksichtigt. Schließlich ergibt sich daraus, dass schon bei beiden Autoren eine neue semantische Besetzung des Klimabegriffs festzustellen ist. Das Klima bedeutet bei Herder und Goethe die Summe der Krafte und der Einflusse der Umwelt, und es steht im Wechselverhaltnis zu Menschen, Tieren und Pflanzen. Dieser dynamische Klimabegriff verabschiedet sich einerseits von der traditionellen Klimavorstellung als determinierender, unveranderlicher Faktor fur das Leben und nimmt andererseits die Einstellung der Kritiker des Anthropozans vorweg, indem er kritisch uber die Naturbeherrschung des Menschen und den Klimawandel reflektiert.