Obwohl es sich nicht bestreiten lasst, dass die Angst als ein essentielles Gefuhl des Menschen ein psychologisch-korperliches Phanomen darstellt, ist es auch wichtig zu betonen, dass sie ebenfalls ein sozio-kulturelles Ergebnis ist. Kulturgeschichtlich betrachtet, nimmt die Angst in der Moderne zu, was vor allem auf die Unsicherheit der modernen Gesellschaft und die Verdinglichung der menschenlichen Verhaltnisse zuruckzufuhren ist. Der deutsche Soziologe N. Luhmann hat darauf hingewiesen, dass der Boden fur den modernen Menschen nicht mehr sicher sei, da die ``kontingente Selektivitat gesellschaftlicher Strukturen und Weltentwurfe“ in der Moderne mit der Abdankung der metaphysischen Unterstutzung mit Hilfe der Religion zugenommen habe. Nietzsches Diagnose der Bodenlosigkeit des modernen Menschen lasst sich damit begrunden, dass seit Kopernikus der Mensch ins durchbohrende Gefuhl seines Nichts geraten ist. In der Philosophie lassen sich zwei theoretische Ansatze heranziehen, und zwar die Angsttheorie S. Kierkegaards und das existenziale Grundgefuhl des Menschen von M. Heidegger. Der danische Philosoph S. Kierkegaard versteht die Angst als Schwindel der Freiheit, welche dadurch entsteht, dass der menschliche Geist die unuberwindliche Kluft zwischen Unendlichkeit und Endlichkeit, Freiheit und Notwendigkeit zu uberbrucken versucht. Bei Heidegger stellt die Angst die Grundbefindlichkeit des Menschen bezuglich des ``in-der-Welt-seins“ dar. Das In-der-Welt-sein bedeutet die Angst des in der zivilisierten Welt lebenden Menschen.