Die Frage, warum Wilhelm am Ende des Romans das Theater verlasst, bleibt nach wie vor eine schwierige Frage. Dies ist in erster Linie darauf zuruckzufuhren, dass Wilhelms Abschied vom Theater uberwiegend von der Turmgesellschaft beeinflusst wird. In der vorliegenden Arbeit soll die Rolle der Turmgesellschaft in Wilhelm Meisters Lehrjahren aus der Perspektive des modernen Subjekts interpretiert werden.
Die Beziehungen der Hauptpersonen in diesem Roman zeigen sich oft als die von Protagonist und Antagonist. Die Turmgesellschaft und die mit der Turmgesellschaft direkt oder indirekt verbundenen Arzte spielen die Rolle der heilenden Arzten, wahrend Wilhelm die des Patienten ubernimmt. Das Bild vom kranken Konigssohn zeigt eine Allegorie fur das Spannungsverhaltnis von Patient und Arzt, und der Prozess der Auffuhrung von Shakespeares Drama Hamlet ist als eine Art der Therapie zu sehen, in der Wilhelm von seiner Besessenheit geheilt werden soll.
Die Therapie fur Wilhelm scheint zu gelingen, doch die Therapien fur die Schauspielerin Aurelie und den Harfner Augustin misslingen. Und in diesem Prozess wird deutlich, wo die Grenze des modernen Subjekts liegt, und wie das moderne Subjekt sogenannte gesunde Menschen wie den geheilten Wilhelm hervorbringt. In diesem Sinne ist das Psychodrama zwischen Turmgesellschaft als Arzt und Wilhelm als Patient als Metonymie fur das moderne Projekt der Aufklarung zu sehen.