Im Essay ‘Philemon-und-Baucis’ bezieht sich Ernst Jünger auf die Schlußszene von Goethes Faust II. Dabei wird in Bezuf auf die hochmoderne Technik die der Entwicklungsauffassung der Moderne innewohnende Gefahr des Todes diskutiert, die von der grenzenlosen oder absoluten Subjektivität ausgeht. Hier ist bei Jüngers Gedankengang ein Bezug auf Goethes klassizistische Sichtweise zu konstatieren, die ein Gleichgewicht zwischen traditionellem Alten und dem Neuen des technologischen Fortschritts erfordert. Jüngers Optimismus basiert genauso wie Goethe nicht auf der geschichtsphilosophischen Ideologie des Fortschritts, sondern auf dem perzeptuell geweckten ausgeglichenen Bewusstsein und der Kraft des ästhetisch fundierten erhabenen Geistes, auf dem es beruht.
Wenn wir in diesem Zusammenhang noch über den ‘Titanimsus’ sprechen können, so ist es dem unendlichen Vertrauen und Glauben an den menschlichen Geist zu verdanken. Aber das hat nichts mit dem Kolonialismus der Westmächte des 18. und 19. Jahrhunderts und der Ideologie des Dritten Reiches zu tun. Der Titanismus stützt sich nur auf die erhabene Kraft des Geistes der oben genannten Bedeutung. Natürlich schließt es die Missverständnisse aus, die schon im Begriff ‘Titan’ angelegt sind, und besonders die ‘faustistischen’ Implikationen, die bisher politisch missbraucht wurden.
Die Diagnose und Lösung der Gefahren der Technologie führt zur Schlussfolgerung, dass es beim Menschen selbst liegt. Das globale Phänomen der Zerstörung kommt nicht von außen, sondern von innen. Wenn Technologie und Mensch durch einen ausgeglichenen Geist in Einklang gebracht werden können, kann Technologie als Mittel für ein besseres menschliches Leben identifiziert werden. Nur unter solchen Bedingungen werden positive Aspekte der technologischen Entwicklung sichtbar. An diesem Punkt reinterpretiert Jünger entscheidend Goethe.