Der vorliegende Beitrag behandelt den Gedichtband Mausoleum. Siebenunddreißig Balladen aus der Geschichte des Fortschritts (1975) von Hans Magnus Enzensberger, dessen satirische, ironische und humorvolle Erzählgedichte im Grunde den Fortschritt in der Menschheitsgeschichte kritisieren. Nach einer Tendenzwende in den 70ern setzt sich der Autor mit dem Thema Fortschritt auseinander, indem er die bisherige wissenschaftliche Erfindung- und Entdeckungsgeschichte unserer Zivilisation in der lyrischen Imagination persifliert. Dafür werden um fünf herausragende Persönlichkeiten ausgewählt, die für den abendländischen Fortschritt stehen, nämlich Gottfried Wilhelm Leibniz, Carl von Linné, Jean Eugène Robert-Houdin, Oliver Evans, Alexander von Humboldt. Zu beachten ist, dass das Mausoleum die markante Sieger-Geschichte nicht mehr verteidigt, sondern die möglichen Defekte im privaten Leben entlarvt. Die Wachstumsgedanken in der neuzeitlichen Wissensgeschichte werden dadurch in Frage gestellt, weil man immer wieder nach der Verbesserung der Welt sucht, ohne Gefahren und Nebenwirkungen zu erkennen. Dieser Zweifel an der Vernünftigkeit der Vernunft liegt bei Enzensberger nicht direkt in der strikten Verneinung der technischen Entwicklung. Vielmehr hinterfragt er den Endzweck und die sozialen Auswirkungen der Technik. In diesem Sinne weist er auf Mängel und Defizite in der gesamten Fortschrittsgeschichte hin, die er exemplarisch in den verschiedenen Gedichten herausarbeitet und auf deren Folgen im heutigen technischen Zeitalter.