Die vorliegende Arbeit verhandelt den Gedichtsband Der Untergang der Titanic. Eine Komodie (1978) von Hans Magnus Enzensberger, dessen okologische Bedeutung vor allem im Zusammenstoß von Titanic und Eisberg liegt. In der herkommlichen Literatur und Kunst fungiert diese Havarie als ein Symbol der Katastrophe bzw. Krise, obwohl das Schiff als sicherster und herrlichster Gegenstand der menschlichen Zivilisation gilt. Auch in den bisherigen Forschungen wurde mehrfach diskutiert, dass der Eisberg in metaphorischer Verwendung auf den personlichen Aufenthalt Enzensbergers in Kuba Ende der 60er Jahre anspiele. Enzensbergers Eisberg lasst sich aber auch auf der okologischen Ebene als wichtiges Indiz fur die Zerstorung des mythischen Naturverstandnisses betrachten. Der Eisberg, der mit dem Schiff, dem Inbegriff des menschlichen Kulturgegenstands, zusammenstoßt, ist nur ein Sinnbild der ungeheuren Naturgewalt. Diese ist reine Naturphantasie, die auf den von Menschen erfundenen Naturbildern beruht. Die Bewertung der Naturphanome, deren negativen Erscheinungsformen in der Regel als schrecklich und grausam bezeichnet werden, liegt wesentlich der anthropogenen asthetischen Vorstellung zugrunde. Um die okologische Frage zu entideologisieren, beschaftigt sich Enzensberger vor allem mit dem neuen Naturverstandnis: Der Eisberg, der "sich bewegt" (UT, 27) und "großer als wir" (UT, 28) ist, setzt sich uber die traditionelle Naturasthetik hinweg. Die Natur erscheint schließlich bei Enzensberger weder positiv noch negativ. Der sich bewegende Eisberg existiert keineswegs im fremden, betorenden, uberwaltigenden und grausamen Potential. Ohne bedrohliche Kontingenz der Natur enthalt der Eisberg seine eigene Selbstandigkeit und Variabilitat, namlich die Natur als das Andere.